0

Von Polen her. Europa denken

Gespräche auf Reisen in Polen

Erschienen am 17.03.2015
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783737402255
Sprache: Deutsch
Umfang: 408
Format (T/L/B): 22.0 x 15.0 cm

Beschreibung

Ein Reisebuch durch das heutige Polen … und seine Geschichte des 20. Jahrhunderts sowie ein mannigfaltiges und widersprüchliches Plädoyer für ein Europa der Bürgerinnen und Bürger. ›Von Polen her Europa denken‹, hießen die Koordinaten der Autoren für ihre über zwanzig offenen Gespräche mit drei Generationen: Nach Jahrhunderten der polnischen und europäischen Teilungen und 75 Jahre nach dem ›Hitler-Stalin-Pakt‹ erzählen die Menschen in Polen heute sehr souverän Geschichten aus ihrer Vergangenheit – von einem künftigen Europa. Vom kaiserlich-königlichen Krakau und dem ›Radio Majdanek‹ Danuta Brzosko-Medryks bis zu den Warschauer Analysen der Krimkrise durch Polens Leitartikler Adam Krzeminski reicht dieser Spannungsbogen der polnischen Geschichte Europas. von der europäischen Renaissancestadt Zamosc bis ins Jerusalem der Gegenwart. Hinzu treten zwei künstlerische Interventionen: Das Fotoprojekt ›Inne Miasto‹ von Elzbieta Janicka und Wojciech Wilczyk sowie die literarische Reise Tine Rahel Völckers nach Krakau.

Autorenportrait

Ronald Hirte, Historiker und Archäologe, Mitarbeiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Veröffentlichungen u.a.: ›Offene Befunde. Zeitgeschichtliche Archäologie und Erinnerungskultur.‹ (Goslar 2000). Friedrich von Klinggräff, freier Autor und Journalist in Genf. Leiter des Goethe-Prüfungszentrums in der Westschweiz. Zuvor Pressesprecher der Stadt Weimar und stellv. Generalsekretär des Komitees zur Förderung der deutsch-französisch-polnischen Zusammenarbeit (Weimarer Dreieck) e.V. Veröffentlichungen u.a.: ›Auf der Suche nach der verlorenen Revolution‹ (Berlin 1989).

Inhalt

GRUSSWORT EINLEITUNG GESPRÄCHE WARSCHAUS HERZOGIN D?BRÓWKA VON BÖHMEN UND POLEN. Danuta Brzosko-M?dryk wuchs mit Habsburgs Herrlichkeit, Rabelais und der altgriechischen Bilderwelt auf. Ihr Abitur macht sie unter deutscher Besatzung im Untergrund und kommt dafür ins Gefängnis und später ins Konzentrationslager Majdanek. AUF DEM BALKON VON KAZIMIERZ ALBIN. Zu Füssen von Kazimierz Albin entstand die westdeutsche Ikone des europäischen Wandels durch Annäherung: Willy Brandts Kniefall am Warschauer Ghetto-Denkmal. Seinen Staatshandel mit Westeuropa betrieb Albin aus Ostberlin. MITTELEUROPA, AM MEER. Die Erzählungen Zofia Posmysz’ siedeln zwischen Krakau und Auschwitz. Manchmal führen Sie dabei tief ins Habsburgerreich und mit ihrer „Passagierin“ weit hinaus aufs offene Meer. „HALLO, HALLO, HIER IST RADIO MAJDANEK.“ Erzählungen von Matylda, Wanda, Antonina – und Danuta Brzosko-M?dryk. EINE FRAGE DER INNEREN WAHL. Paula Sawicka wächst in der jungen Volksrepublik Polen auf und gründet als 14jährige mit Adam Michnik ihren ersten Diskussionszirkel. Bei ›Solidarno??‹ trifft sie auf Marek Edelman und weiß so einiges von den multikulturellen Europa-Ideen des Bundes zu berichten. „AUCH IN DIESER HINSICHT ÄHNELT POLEN ISRAEL.“ Micha? Sobelman ist Polens dialektischer Beobachter. Seit über zwanzig Jahren lebt der gebürtige Pole als Sprecher der israelischen Botschaft in Warschau und mischt sich in das Kulturleben ein. DIE SIAMESISCHEN ZWILLINGE. Unablässig ist Adam Krzemi?ski, ›homme de lettres‹ der deutschpolnischen Beziehungen, zwischen Warschau und Berlin unterwegs. Noch einmal beschreibt er die Preußen und Polen auf ihrem langen Weg. zur vierten Gründung Europas im 21. Jahrhundert. Jetzt. DAS EUROPÄISCHE GEDÄCHTNIS ALS BÜRDE. Keine Aufregung, erklärt in ?ód? der Soziologe Andrzej Piotrowski: Europa bildet bald einen Rahmen, der uns bei unserer Suche nach praktischer Orientierung weiterhilft. Die Ausstellung „United States of Europe“ gab dafür den Überbau. Von Solidarität ist eher nicht die Rede. UNTERWEGS IN POLNISCHEN LEBENSWELTEN. Eine Reise von Radom über Be??yce nach Lublin. Mit Joanna Z?tar im Stadttor Brama Grodzka vor wieder gefundenen Zeichen jüdischen Lebens. Und mit Arek Zi?tek und Micha? Wolny über den Dächern der Stadt. „IDEALE STADT“ UND „NEUORDNUNG EUROPAS.“ In der südostpolnischen Stadt Zamo?? arbeiten Menschen wie Andrzej Urba?ski und Jerzy Tyburski an der Bewahrung eines doppelten Gedächtnisses: Von der „idealen Stadt” des europäischen Humanismus aus wollten die Nazis ihr „Neues Europa” durchsetzen. EUROPAS GERAUBTER URSPRUNG. Der Danziger Schriftsteller Stefan Chwin schreibt Deutschlands Geschichte im Osten aus polnischer Sicht. Und er erinnert daran, dass die Mauer quer durch Europa eigentlich schon während der Streiks auf der Gda?sker Lenin-Werft ihre ersten entscheidenden Risse bekam. „HABERMAS HATTE EINFACH UNRECHT.“ Mit dem neuen Europäischen ›Solidarno??‹-Zentrum in Gda?sk wird sich Basil Kerski künftig von Polen aus in die Diskussionen über die Zukunft des Kontinents einmischen. Denn Polens Entwicklung der letzten 25 Jahre, findet der Politologe, sei „viel mehr als nur eine nachholende Modernisierung“. „DIE EUROPÄISCHE IDENTITÄT DRAMATISIEREN!“ Für den konservativen Staatsphilosophen Marek Cichocki sind „Opferbereitschaft“ und „Familie“ die zentralen Werte für ein neues Europa. DER PREIS WAR MITTELEUROPA. Mit dem Museum des Warschauer Aufstands zeigt Polen, dass seine nationale Identität auch seine europäische Identität ist, sagt sein Leiter Pawe? Ukielski. Ein Gespräch und vier Nachfragen. DAS MUSEUM DER GESCHICHTE DER POLNISCHEN JUDEN. Ein Monolog von Barbara Kirshenblatt-Gimblett. „DIE POLEN SIND VIEL EUROPÄISIERTER, ALS SIE DENKEN.“ Der Diplomat und Sicherheitsexperte Adam Rotfeld pflegt seit Jahrzehnten politische Netzwerke in Ost und West. Er setzt auf die junge, erste gesamteuropäische Generation und bearbeitet mit seinen russischen Kollegen die schwarzen Flecken der gemeinsamen Vergangenheit. „WENN ICH SAGE, ICH BIN POLIN, BIN ICH EUROPÄERIN.“ Nach den antisemitischen Hetzkampagnen von 1968 blieb die polnische Jüdin Lucyna Tych „einfach aus Trotz“. Ein Gespräch mit der Regisseurin über polnisches Theater und Gedenken seit 1945. WEG VON DEN SEITENSTRASSEN! IM EXIL. In Amerika interessierte man sich für ihn, weil er aus Europas Osten kam. In Deutschland interessierte man sich für ihn als den Amerikaner. Und Polen blieb er nach 1966 fern. Ein Inselgespräch in Puerto del Carmen mit dem Theater-Praxeologen Andrzej Wirth. „ALLES AN MIR IST EUROPÄISCH.“ Stichworte zum kritischen Theater aus Polen und zur Politik in Europa mit dem Regisseur Krzysztof Warlikowski. Das geht in schnellen Sprüngen von schwulen Pfadfindern als Schullektüre über eine Kirche in Panik bis zu Barrosos Illusionstheater in Brüssel. DIE ›DRITTE GENERATION‹ ALS EUROPÄISCHE BEWEGUNG. Katarzyna Wodarska-Ogidel: Erinnerungen einer Enkelin. Vom Träumen und Hellsehen in Ravensbrück, dem Bildgedächtnis ihres Sohnes und der Diskussion des historischen Wissens auf facebook. „MIR IST EIN DENKEN IN NATIONALITÄTEN TOTAL FREMD.“ Agnieszka Lessmanns Hörspiele einer Zwischengeneration. Fragen über einen Weg von Polen über Israel nach Deutschland. „JAHRMARKT EUROPA“. Europa ist ein Akt der Abgrenzung und sein Medium ist die ›New York Times‹: Die polnische Journalistin und Soziologin Ludwika W?odek, unterwegs in Eurasien, sieht sich ihren Kontinent vor allem von außen an. „TÚ FELIX ÁUSTRIA N?BE!“ Ein Resümee der polnischen Geschichtspolitik im Spiegel ihrer neuen Museen. ›Inside out‹ und von Warschaus „asiatischem“ Weichsel-Ufer aus. Mit dem mitteleuropäischen Zeithistoriker W?odzimierz Borodziej. GASTBEITRÄGE AUF DER BURG ZU KRAKAU, DIE GESPENSTER IM KOPF. Tine Rahel Völcker INNE MIASTO. ANDERE STADT. El?bieta Janicka & Wojciech Wilczyk ANHANG AUSGEWÄHLTE LITERATUR TEXT- UND BILDNACHWEIS PERSONENREGISTER DANKSAGUNG